Seriöser Osteopath oder Scharlatan?
Aufgrund eigener Erfahrung möchte ich heute über ein Thema schreiben, dass mir sehr am Herzen liegt. In den vergangenen Wochen habe ich nämlich ein großes Ärgernis erlebt. Ich habe einen Osteopathen gesucht, um nach zahlreichen Operationen Verklebungen und Verwachsungen lösen zu lassen. Osteopathie ist nämlich eine feine Sache – wenn der Osteopath seriös und fundiert arbeitet. Und da beginnt die Krux.
Osteopath ist in Deutschland kein geschützter Beruf. Also gibt es leider auch bis heute keine einheitliche Ausbildung und Qualifizierung (Anforderungen an Ausbildungsumfang und -inhalt) von Osteopathen. Dabei ist die Osteopathie eine wirklich sinnvolle Therapieform bei vielen verschiedenen Indikationen. Viele meiner früheren Physiotherapie-Kollegen leisten großartige Arbeit im Bereich der Osteoapthie, denn sie haben hervorragende Kenntnisse und Fähigkeiten, adäquat zu behandeln. Eine fundierte Ausbildung zum Osteopathen dauert vier bis fünf Jahre. Es gibt aber auch Wochenendkurse, die nach nur wenigen Stunden den Ostepathen bescheinigen, sodass man ihn sich auf die Webseite oder Visitenkarte schreiben darf. So kommt es, dass der Ruf der Osteopathie durch diverse Scharlatane kaputt gemacht wird. Seriöse und qualifizierte Osteopathen leiden darunter, dass esoterisch angehauchte Möchtegern-Therapeuten ihre eigenen Wahrheiten verbreiten, an die man glauben muss oder auch nicht, damit es wirkt. Osteopathie ist eine ganzheitliche Therapieform, bei der der Körper als Ganzes und nicht nur der schmerzende oder Probleme verursachende Teil des Körpers betrachtet wird. Blockaden, Verspannungen und Dysfunktionen können so gelöst werden. Ganzheitlich heißt übrigens nicht esoterisch! Ich kenne viele Osteopathen, denen die Hutschnur platzt, wenn sie hören und sehen, was sich am Markt als angebliche Osteopathen tummelt.
Aber wie finde ich einen seriösen Osteopathen?
Für Laien ist es schwer zu erkennen, wonach man sich richten soll und viele haben genau deshalb Vorbehalte gegen Osteopathen. Denn Scharlartane schaden dem Berufstand. Auf der Suchen nach einem seriösen Osteopathen sollte die Homepage unter die Lupe genommen oder einfach angerufen und nachgefragt werden. Woher stammt die Qualifikation? Es lässt sich recherchieren, was dahinter steckt. Seriöse Ausbildungsstätten sind beispielsweise das College Sutherland oder das IFAO. Außerdem sollte der Therapeut im Grundberuf Physiotherapeut, Heilpraktiker oder Arzt sein. Ich persönlich würde ausschließlich zu einem Physiotherapeuten mit Osteopathie-Ausbildung gehen. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Physiotherapeuten arbeiten täglich mit ihren Händen, sie haben Erfahrung, Strukturen zu ertasten und zu behandeln. Ich habe, als ich noch als Physiotherapeutin tätig war, bei der DGMM eine zweijährige Weiterbildung zur Manualtherapeutin gemacht. In diesem Kurs waren auch Ärzte… Ich möchte niemanden schlecht reden, aber es fehlt vielen einfach die praktische Erfahrung. Wann und wie häufig fasst ein Arzt den Patienten normalerweise an? Natürlich gibt es auch hier rühmliche Ausnahmen, genau wie es auch bei Physiotherapeuten schwarze Schafe gibt. Da auch Heilpraktiker keine einheitliche Ausbildung genießen und es dort leider erhebliche Qualitätsunterschiede gibt, käme dies für mich auch nicht in Frage.
Auf folgenden Seiten kann nach qualifizierten Osteopathen gesucht werden:
- Institut für angewandte Osteopathie
- Bundesvertretung der Osteopathen in Deutschland
- Berufsverband Osteopathie e. V.
- Deutsche Gesellschaft für Osteopathische Medizin (DGOM) e. V.
- Suche nach Osteopathen speziell für die Behandlung von Kindern: http://www.kinderosteopathen.de/
Woran erkenn ich, dass ich an den Falschen geraten bin?
- Der Therapeut möchte dir etwas verkaufen.
- Der Therapeut möchte Energiearbeit mit dir machen. (Was auch immer er darunter versteht…)
- Der Therapeut gibt dir ungefragt psychologische Ratschläge, geht aber auf die körperliche Problematik nicht richtig ein.
- Es wird geraten, Medikamente abzusetzen (ohne ärztliche Rücksprache).
In meinem Fall hat der sogenannte Osteopath die Hand auf meinen Bauch gelegt und die schlechte Energie vía Rülpsen ausgeleitet. Folgende drei Ratschläge gab es noch für mich: 1. Täglich Singen. 2. Weiblich anziehen und schminken. 3. Zettel in der ganzen Wohnung auslegen, wo drauf steht, wie toll ich bin. Nein, leider ist das kein Witz. Auch wenn ich im Nachhinein nach Luft schnappend lachen musste, ist es eigentlich gar nicht lustig, denn in meinen Augen ist es Betrug. Das hatte mit Osteopathie nicht im Geringsten etwas zu tun. Wie konnte mir als Physio- und Manualtherapeutin das passieren? Ich war in der Praxis dieses Physiotherapeuten bereits vor ein paar Jahren zur Manualtherapie in Behandlung. Da ich natürlich immer kritisch bin, aber dennoch versuche, dann auch die Patientenrolle einzunehmen, fühlte ich mich in der Praxis bei der damaligen Therapeutin sehr gut aufgehoben, sie arbeitete gut. Deshalb habe ich bei der aktuellen Suche nach einem Osteoapthen nicht genauer hingesehen, weil ich im Hinterkopf hatte, dass in dieser Praxis auch Osteopathie angeboten wird. Nun ja. Der nächste Termin bei einem anderen Therapeuten, dessen Qualifikation ich diesmal vorher genau abgeklopft und telefonisch nachgefragt habe, steht schon.
Nachtrag: Der zweite Osteopath war sehr gut, so wie ich das kenne. Er hat die Faszien gelöst und mir Übungen gezeigt, die ich nun täglich machen soll. Was soll ich sagen? Die starken Beschwerden sind nach einer Behandlung deutlich besser.
Liebe Frau Funk,
vielen Dank für diesen hervorragenden Artikel. Ich stimme Ihnen zu 100% zu. Wir brauchen ein einheitliches Studium. Leider bin auch ich einmal auf ein dubioses Institut reingefallen. Dies war für mich ein schmerzliches Lehrgeld, hat mich aber bestärkt, den wissenschaftlichen Ansatz in meiner Praxis hochzuhalten. Die von Ihnen geschilderten Erfahrungen werden mir auch oft von Patienten mitgeteilt.
Herzliche Grüße aus Hamburg
Sascha Bade
Was soll immer dieser dumme “ganzheitlich”-Begriff. Das klingt als sei da was “besser” als in der Schulmedizin. Wenn jemand ganzheitlich denkt, dann die Schulmedizin. Jeder Arzt muss jahrelang den “gesamten” Körper des Menschen studieren. Er muss Zusammenhänge zwischen sämtlichen Körperregionen verstehen und einen riesigen, weltweiten Erfahrungsschatz studieren. DAS nenne ich “ganzheitlich“! Genau das hat aber ein reiner Osteopath nicht. Wie soll er denn bitte den Körper besser verstehen, wenn er eben nicht jahrelang sämtliche Zusammenhänge des Körpers studiert hat?
Hallo Tobi,
grundsätzlich stimme ich dir vollkommen zu. Mit „ganzheitlich“ meine ich hier, dass der gesamte Körper untersucht und angeschaut wird und nicht bloß die schmerzende oder Probleme bereitende Stelle. Eine seriöse Osteopathie-Ausbildung dauert mehrere Jahre und im Idealfall hat der*die Therapeut*in eine Physiotherapie-Ausbildung und damit auch jahrelange – vor allem praktische – Erfahrung.