Studie zur “selbstständigen Ausgestaltung von Leistungen durch Physiotherapeuten”
Als inaktive Physiotherapeutin (im rein beruflichen Sinne) schreibe ich auch für verschiedene Physiotherapiezeitschriften und bin an dem Thema und der Entwicklung in diesem Bereich immer sehr interessiert. Nun saß ich neulich beim Friseur und blätterte im Stern herum, als ich einen Artikel darüber fand, dass es eine laufende Studie in Teilen von Deutschland gibt, in der verglichen wird, ob es sinnvoll für Patienten ist, wenn sie – wie in anderen Ländern wie Großbritannien und Skandinavien längst üblich – bei Beschwerden direkt zum Physiotherapeuten gehen und dieser über die Art und Dauer der Behandlung selbst entscheidet.
Bisher sind Physiotherapeuten in Deutschland nämlich arztgebunden, das heißt, sie benötigen vom Patienten eine Verordnung mit Diagnose des Arztes. Dauer und Art der Behandlung werden vom Arzt festgelegt, der dafür den (ungeliebten) Heilmittelkatalog anwendet. Selbst ein Patient, der gewillt ist, seine physiotherapeutische Behandlung selbst zu bezahlen, benötigt eine “Unbedenklichkeitsbescheinigung” vom Arzt. Das ist in vielerlei Hinsicht unpraktisch und unrealistisch. Bei vielen Krankheitsbildern weiß ein Physiotherapeut in der Regel sehr gut, welche die adäquate Therapie ist, zumal vielen Ärzten die verschiedenen Therapieformen gar nicht bekannt sind. Außerdem behandelt ein Physiotherapeut den Patienten über einen bestimmten Zeitraum, kennt seinen aktuellen Zustand und könnte rein theoretische entscheiden, ob ein Weiterführen der Behandlung sinnvoll wäre oder nicht. Das alleine ist schon ein sehr kompliziertes Thema, welches eng mit dem Akademisierungsbestreben in der Physiotherapie zusammenhängt (das ich absolut befürworten würde, denn es ist eine fundierte und anspruchsvolle Ausbildung, die einem Studium durchaus würdig ist). In der Fachzeitschrift “physiopraxis” habe ich darüber bereits vor einigen Jahren einen Artikel geschrieben.
Aber zurück zur Studie: Es wäre revolutionär, wenn auch in Deutschland die Physiotherapeuten mehr Freiheit bekämen. Da ich interessiert daran war, durchforstete ich das Internet nach mehr Informationen zur Studie. Aber – nichts! Fast nichts: Eine kleine Meldung der BIG direkt gesund aus dem Jahr 2011, dass das beschrieben Modellvorhaben im Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gestartet ist. Warum interessiert sich niemand dafür? Warum hört man von dem Thema nicht mehr? Ich bin da generell vorsichtig, aber merkwürdig ist es schon. Fühlen sich Ärzte dadurch in ihrer Kompetenz untergraben? Das Gesundheitssystem könnte viel Geld sparen, wenn die Arztgänge, die nur Verordnungszwecken im Bereich Physiotherapie dienen, wegfallen würden. Aber vielleicht will genau das ja niemand.
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