Warum googelt man sich selber?
Jemanden zu googeln hat sich als beliebte Möglichkeit etabliert, über Bekannte, Freunde, Ex-Leute, Nachbarn, zukünftige Arbeitgeber, ehemalige Arbeitgeber, Bewerber und den Rest der Welt mehr zu erfahren. Ich erinnere mich noch sehr gut, als ich mich selber das erste Mal gegoogelt habe.
Es war Anfang 2001, ich wohnte noch in einer WG, in der mein Mitbewohner bereits stolzer Besitzer eines Internetanschlusses war. Mir selber war das Medium Internet und selbst ein Computer damals noch relativ fremd, wenn gleich es auch einen großen Reiz auf mich hatte. Mich faszinierten die Möglichkeiten, die sich mit einem Internetanschluss eröffneten. Und in meinem Kopf wurden es täglich mehr. Eines Abends, als ich erfahren hatte, an einer relativ seltenen Erkrankung zu leiden, durchsuchte ich das Internet nach Informationen dazu. Dabei stieß ich ein Forum von Betroffenen, sie sich untereinander austauschten. Es sollte das erste Forum werden, das ich ahnungslos besuchte. Ahnungslos deshalb, da ich noch nichts von Suchmaschinen im Allgemeinen und Google im Speziellen wusste. Da mir deren Mechanismen völlig unbekannt war, begang ich einen groben Fehler: Ich loggte mich mit meinem realen Namen ein und stellte naiv eine Frage, die mir auch ein selbst ernannter Experte schleunigst beantwortete. Ich bedankte mich höflich und das Thema war damit erstmal abgehakt, ich war beruhigt, dass auch andere unter der Krankheit litten und dachte nicht weiter darüber nach. An besagtem Abend aber saß ich gemeinsam mit meinem Mitbewohner vor dem Internet und wir erforschten die Möglichkeiten des Internets. Bis wir auf die Idee kamen, mal zu schauen, was passierte, wenn wir uns selber googeln würden. Bei meinem Mitbewohner kamen nur Einträge, die nichts mit ihm zu tun hatten, da er einen in Deutschland häufigen Namen hat. Bei mir hingegen kamen mehrere Treffer und bei den ersten konnte man in dem von Google gezeigten Ausschnitt einen Teil meiner Frage, die ich damals im Forum stellte, lesen. Ich erschrak und scrollte hektisch nach unten, da dies Intimitäten freigab, die ich ungern mit meinem Mitbewohner teilen wollte. Aber Hilfe wenn er das sehen kann, kann es ja auch der Rest der Welt sehen. Das war ja furchtbar! Wer würde alles auf die Idee kommen, meinen Namen zu googlen? Ich redete mir ein, dass ich mich nicht so wichtig nehmen dürfte, wer sollte schließlich auf so eine Idee kommen? Aber wir machten das ja auch gerade mit Bekannten, warum also sollten andere nicht auch auf die Idee kommen? Oh Nein!
Mein Mitbewohner fragte, was los sei und da leugnen zwecklos war, zeigte ich ihm die Treffer. Er lachte sich fast vom Stuhl, ich hingegen war leicht panisch. Ich fragte ihn, was ich tun könnte. Er meinte nichts, was da stünde, stünde da. An diesem Abend ging ich mit dem Gedanken ins Bett, dass nun für alle Ewigkeit meine intimen Details im Internet für jeden auffindbar seien. Mit dämmerte, dass das Internet nicht nur positive Seiten hat. Um das Ganze abzukürzen: Zirka zwei Jahre später entdeckte ich beim Googeln erleichtert, dass die Treffer nicht mehr erschienen. Ich wusste inzwischen auch mehr über Google & Co. Und hakte das Thema erleichtert ab.
Was ich nicht abhakte bzw. beibehielt, ist Menschen zu googeln. Es ist lustig zu sehen, was bei manchen Personen angezeigt wird. In erster Linie allerdings zeigt es eigentlich nur, ob derjenige wusste, was er im Internet tat und eventuell sogar in gewisser Weise steuert, was von ihm angezeigt wird oder er sich unbedarft wie ich damals im Internet bewegt. Da ich inzwischen beruflich viel mit dem Internet zu tun habe, ist für mich klar, worauf ich achten muss, vielen anderen hingegen nicht. Besonders wenn Menschen wenig surfen oder noch nicht lange, passiert es immer wieder, dass sie Spuren hinterlassen, die nicht immer gewünscht sind.
Da ist von Hämorrhoiden die Rede, manche tauscht sich über den Kinderwunsch im Internet aus, andere haben Bücher bei Amazon bewertet oder Wunschlisten angelegt, welche Schule man besucht hat, ist häufig zu lesen oder auch wie man das Hotel im letzten Mallorca-Urlaub fand. Peinlicher sind da schon solche Treffer, wie Fotos von der letzten Party, bei der man sich richtig abgeschossen hat oder berufliche Restspuren, die man gerne beseitigen würde. Was ich allerdings von einer Kollegin fand, die wohl sehr internetaffin ist, überstieg die Peinlichkeitsgrenze immens: Sie beschrieb in Details, von denen ich mir nicht vorstellen kann, dass sie irgendjemanden interessieren, wie Mann am besten eine Frau fisten kann. Der Bericht zog sich über drei Seiten, ich las mit angeekelter Faszination, was diese Frau dort von sich preisgab. Zudem antwortete sie hilfsbereit auf Fragen von anderen Nutzern, die diese Technik wohl nicht so perfekt beherrschten wie sie. Ich war erleichtert. Dagegen war meine Frage damals ganz harmlos. Ich brauche mich gar nicht schämen. Und google mich selber regelmäßig weiterhin – zur Sicherheit.
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